Gütersloh droht ein Rechtsstreit ums Post-Gelände 

Von Gerrit Dinkels,

Nachdem die Stadt Gütersloh den Unternehmer Thomas Hagedorn beim Post-Gelände jahrelang hingehalten hat, will der nun nicht mehr mitspielen.

Ausweg gesucht: Stadt und Eigentümer sind sich derzeit nicht grün. Hagedorn möchte das Post-Gelände gern selbst entwickeln und will es nicht an die Stadt abgeben. Eine Mehrheit im Rat besteht auf der Kaufoption und will notfalls klagen. An der Bundesstraße 61 behindert die Stadt ein Bauvorhaben von Hagedorn, weil dort ein Baum steht, den viele erhalten möchte. Foto: Dinkels

Gütersloh (din) - Rund fünf Millionen Euro hat die Stadt Gütersloh für den Kauf des ehemaligen Post-Geländes an der Kaiserstraße eingeplant. Zahlbar ist der Betrag bei Übergabe des freigeräumten Grundstücks. Aber womöglich kommt es gar nicht dazu, zumindest nicht ohne einen langwierigen Rechtsstreit. 

Nach Informationen dieser Zeitung will Hagedorn an der Abwicklung nicht mitwirken und der Stadt das Gelände nicht ohne eine juristische Klärung überlassen. Angeblich liegt den Eigentümern ein Gutachten vor, das die Rechtmäßigkeit der Ankaufoption anzweifelt. Im Stadtrat zeichnet sich eine Mehrheit dafür ab, den Rechtsweg zu beschreiten. 

Wortlaut noch einmal modifiziert

Der Unternehmer Thomas Hagedorn hatte das knapp einen Hektar große Gelände im Winkel von Kaiser- und Friedrich-Ebert-Straße 2017 erworben und der Stadt nach deren Intervention eine Kaufoption bis Ende 2020 eingeräumt. Diese war wiederholt bis Mitte 2022 verlängert worden, wobei bei der zweiten Fristverlängerung bis Ende April 2022, beurkundet am 16. Dezember 2021, der Wortlaut noch einmal modifiziert worden ist. Darauf wird es später noch ankommen. 

Offiziell halten sich Hagedorn und die Stadt bedeckt. „Wir möchten zu dem Thema aktuell keine Stellung beziehen“, heißt es auf Anfrage bei Hagedorn. Bürgermeister Norbert Morkes (BfGT) ließ ausrichten, Ziel sei es, „mit den Eigentümern eine einvernehmliche Lösung zu erreichen“. Zuletzt am Montag im Hauptausschuss hat die Verwaltung hinter verschlossenen Türen noch einmal ausgelotet, wie die Politik das sieht. Danach wollen Grüne, SPD und BfGT den städtischen Anspruch notfalls auch gerichtlich durchsetzen.

Grüne halten an Kauf fest

„Die Grünen halten mit voller Überzeugung am Kauf des Post-Geländes fest“, erklärte Birgit Niemann-Hollatz auf Nachfrage. „Die Verwaltung hat jetzt die Aufgabe, diesen Ratsbeschluss zum Ankauf umzusetzen. Wenn es nicht anders möglich ist, sollte der Beschluss auch juristisch durchgesetzt werden.“ Bisher hatten die Grünen zudem stets mit Fördermitteln argumentiert, die für den Kauf des Geländes und die Verlagerung des Busbahnhofs (ZOB) fließen würden. 

Ähnlich äußerte sich Volker Richter (SPD): „Wir sind dafür, die Ankaufsoption zu ziehen und im Zweifelsfall auch den Rechtsweg zu beschreiten.“ Es gebe notariell beurkundete Verträge. 

BfGT hoffen auf außergerichtliche Einigung

Jürgen Behnke erklärte, „dass die BfGT zu dem gefassten Ratsbeschluss steht und das Post-Areal gekauft werden soll. Der Ankauf begründet sich auf ein Vorkaufsrecht der Stadt. Sollten sich Käufer und Verkäufer über die endgültigen Regularien hierzu nicht verständigen, ist es nach unserer Auffassung normales Tagesgeschäft, ein Gericht anzurufen, um eine geregelte Abwicklung vornehmen zu können.“ Die BfGT hofften darauf und würden sich freuen, „wenn sich die beteiligten Parteien im Vorfeld doch noch außergerichtlich einigen“.

Anders sehen das CDU und FDP. „Eine Klage sollte immer die letzte Möglichkeit sein“, sagte Heiner Kollmeyer (CDU). Er halte es für problematisch, einen anderen lokalen Akteur zu verklagen, „egal, um wen es sich dabei handelt“. Eine Klage würde sich womöglich Jahre hinziehen. Das Post-Gelände gehöre in den Arbeitskreis Haushaltskonsolidierung. 

Zwei offene Fragen

Der Beschluss zum Ziehen der Kaufoption sei im Juni 2022 gefasst worden. Die Haushaltslage habe sich geändert und die Frage stehe im Raum, ob sich die Stadt das noch leisten könne. Und ob eine Verlagerung des Busbahnhofs auf das Gelände überhaupt notwendig sei. Ein Paket zur Verbesserung des ÖPNV habe man aus Kostengründen auch aufgeschoben. Die Stadt allein könne dort wegen der Verträge nur eine Mobilitätsplattform bauen, so Kollmeyer. Von Wirtschaftlichkeit könne man bei dem Kaufpreis nicht sprechen. Es gehe auch um das Bahnhofsumfeld. Die Stadt könne das Grundstück schon aus Kapazitätsgründen allein gar nicht selbst entwickeln. 

Ähnlich äußerte sich Sascha Priebe (FDP): „Da alle Großprojekte aufgrund der Haushaltssituation für die FDP auf dem Prüfstand sind und wir uns eine andere Lösung für den ZOB vorstellen könnten, würden wir, obwohl die Stadt unserer Ansicht nach juristisch der Eigentümer ist, auf eine Klage verzichten.“

Bürgermeister will keine Klage

Die AfD sei „zwiegespalten“, sagte Torsten Drescher. Auf der einen Seite seien rechtskräftige Verträge geschlossen worden und Hagedorn könne nicht machen, was er wolle. Auf der anderen Seite könnten bisherige Planungen bei der aktuellen Haushaltslage gar nicht umgesetzt werden. Ende August 2022 hatten (v. l.) Projektentwickler Rick Mädel, Rechtsanwalt Michael Hoppenberg (Münster) und der Unternehmer Thomas Hagedorn bekräftigt, das Areal selbst entwickeln zu wollen. Foto: Dinkels

Der Bürgermeister will nach eigener Aussage keine Klage. Was die Stadt nun unternimmt, ist offen. Die Umsetzung eines Ratsbeschlusses gilt als laufendes Geschäft der Verwaltung. In der Politik kursiert die Einschätzung, dass es auch im Verwaltungsvorstand unterschiedliche Auffassungen gibt. 

Gutachten der Politik nicht bekannt

Thomas Hagedorn hatte Ende August 2022 vor der Presse betont, er wolle das Gelände gern behalten und selbst entwickeln. Er unterstrich, die Kaufoption gelte nur für eine Verlagerung des ZOB und nichts anderes. Das werde er im Auge behalten. Tatsächlich war bei der zweiten Fristverlängerung 2021 der Ankaufs- und Nutzungszweck nochmals nachträglich eingeschränkt und enger gefasst worden. Statt „öffentliche Gemeinbedarfszwecke“ hieß es zuletzt „öffentliche Mobilitätsplattform, die die Verlagerung des Zentralen Omnibusbahnhofs (ZOB) beinhaltet“. 

Da Hagedorn jetzt offenbar grundsätzlich die Gültigkeit der Kaufoption anzweifelt, ist die Zweckbindung womöglich nicht mehr ausschlaggebend. Das Gutachten, auf das Hagedorn sich stützt, will in der Politik indes noch niemand gesehen haben.

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