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21.03.2023 | 07:17 Uhr
An Demenz erkrankte Menschen können in ein Delir fallen, wenn sie ihr gewohntes Umfeld verlassen. Dann ist rasche Hilfe nötig.
Vom Pilotprojekt zur Regelversorgung: (v. l.) Bernd Mußenbrock (Erich und Katharina Zinkann Stiftung), Katrin Meyer (Bürgerstiftung), Pflegedienstleiter Norbert Junker, Prof. Dr. Norbert Zoremba und Projektkoordinatorin Friederike Handke (alle St. Elisabeth-Hospital), Gesundheits- und Krankenpflegerin Laura Zwick, stellvertretende Pflegedirektorin Sarah Hensdiek, Projektleiterin Katja Plock und Demenzkoordinatorin Nadine Lömker (alle Klinikum Gütersloh) sowie Dr. Bernd Meißnest vom LWL-Klinikum. Foto: Bürgerstiftung
Gütersloh (gl) - Das auf drei Jahre angelegte, von der Bürgerstiftung Gütersloh mit 380 000 Euro geförderte Delir-Pilotprojekt am St.-Elisabeth-Hospital und am Klinikum Gütersloh wird von beiden Häusern in die Regelversorgung übernommen. 180 000 Euro des Betrages stammen von der Erich und Katharina Zinkann-Stiftung.
600 Delir-Patienten profitieren bislang
Bislang haben laut einer Mitteilung 600 Delir-Patienten – betreut von interdisziplinären Teams – die speziell entwickelten, individuell angepassten Maßnahmen durchlaufen. Mit dem Ergebnis, dass die gerade bei Älteren und bei Menschen mit Demenz auftretende Verwirrtheit (Delir, lat.: aus der Spur geraten) nach einem Unfall oder einer Operation deutlich minimiert wurde.
Sogenannte Eli-Boxen werden am Bett des Delir-Patienten befestigt und enthalten Utensilien wie Brille, Hörgerät und Zahnprothese, erläutern (v. l.) Katja Plock, Friederike Handke und Nadine Lömker.Zudem wurden das Sturzrisiko gesenkt und der Schmerz-Index positiv beeinflusst – bei gleichzeitiger Reduzierung der Medikamentenmenge. Gezielte Maßnahmen zur Reorientierung und Mobilisierung der Betroffenen durch multiprofessionelle Teams, die Vermeidung von Polypharmazie (gleichzeitige Einnahme von mehr als fünf Medikamenten) und die enge Zusammenarbeit mit den Angehörigen hätten dazu geführt, die kognitive Leistungsfähigkeit der Patienten zu erhalten.
„Das Projekt ist ein Gewinn für alle Seiten, in erster Linie für die Patienten, die sich schneller erholen, für die Angehörigen und für das derzeit aufgrund vieler freier Stellen und Krankheitsfälle stark belastete Personal in den Krankenhäusern“, sagt Katrin Meyer, Vorstandsvorsitzende der Bürgerstiftung.
Kosten der Krankenhäuser senken
Und: Das Delir-Projekt senkt den Kostenapparat der Krankenhäuser. „Wir haben bislang bei uns mit multiprofessionellen Teams eine Vielzahl an Delir-Patienten im Bereich Anästhesiologie, operative Intensivmedizin und Schmerztherapie unter Leitung von Chefarzt Professor Dr. Norbert Zoremba erfolgreich betreut“, berichtet die im St.-Elisabeth-Hospital zuständige Projektkoordinatorin Friederike Handke.
„Auch im Klinikum Gütersloh sind es viele Betroffene, die wir mit einem Team aus Pflege, Logopädie, Physiotherapie, Pharmazie sowie Ärzten so begleiten, dass sie im besten Fall schnell wieder in ihr gewohntes Umfeld zurückkehren können, sagt Katja Plock, Leiterin des dortigen Delir-Projekts.
Patienten kehren schnell in ihr Zuhause zurück
Sie wird von der Gesundheits- und Krankenpflegerin Laura Zwick unterstützt. Gemeinsame Besprechungen sorgen dafür, dass die festgezurrten Strukturen und geplanten Prozesse in beiden Häusern greifen, dass Verbesserungen zügig umgesetzt werden.
Die Hausärzte werden über den Behandlungsplan der Betroffenen informiert, so dass deren Betreuung angepasst werden kann. Auch eine wissenschaftliche Begleitung des Projekts finde statt. Das LWL-Klinikum fungiere als fachlicher Berater.
Nadine Lömker, Demenzkoordinatorin am Klinikum Gütersloh, schreibt darüber ihre Bachelorarbeit. Ann-Kathrin Walter, Assistenzärztin am St.-Elisabeth-Hospital, macht es zum Thema ihrer Doktorarbeit.
Informationen über das Projekt sind wichtig – und gefragt. „Das Interesse der Kollegen an diesem krankenhausübergreifenden und multiprofessionellen Projekt ist bei Treffen, auf Tagungen und Kongressen groß“, berichtet Zoremba. Und auch den Auszubildenden der ZAB (Zentrale Akademie für Berufe im Gesundheitswesen) wurde das innovative Projekt vorgestellt.
Angehörige können präventiv helfen
Wie können Angehörige präventiv helfen? Dazu sagen die Fachleute: „Sorgen Sie dafür, dass eine vertraute Person anwesend ist. Das bringt Ruhe und Sicherheit. Fördern Sie die Mobilität des Betroffenen.
Geben Sie Orientierung durch die Mitteilung von Datum, Ort und Zeit. Sorgen Sie für einen geregelten Tag-Nacht-Rhythmus.“ Eine mit vertrauten Gegenständen (Familienbilder) hergerichtete Umgebung und Atmosphäre bringe Wohlbefinden und Sicherheit, so die Experten.
Und: „Spielen Sie die Lieblingsmusik des Betroffenen oder schauen Sie gemeinsam vertraute TV-Sendungen. Sprechen Sie in ruhigen, kurzen und einfach Sätzen.“
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