Kreis Gütersloh bleibt das wirtschaftliche Schwergewicht in OWL

Von Michael Delker,

Mit einem Gesamtumsatz von 23 Milliarden Euro hat das verarbeitende Gewerbe im Kreis Gütersloh einen neuen Rekordwert erreicht.

Die Gesamtumsätze des verarbeitenden Gewerbes haben mit 23 Milliarden Euro (2021: 19,3 Milliarden Euro) einen neuen Rekordwert erreicht, erklärten IHK-Vizepräsident Dr. Markus Miele (links) und IHK-Geschäftsführer Dr. Christoph von der Heiden. Foto: Delker

Kreis Gütersloh (mdel) - Die Wirtschaft im Kreis Gütersloh hat die vom russischen Angriffskrieg ausgelöste Energiekrise bislang erstaunlich gut weggesteckt. Die Gesamtumsätze des verarbeitenden Gewerbes haben mit 23 Milliarden Euro (2021: 19,3 Milliarden Euro) einen neuen Rekordwert erreicht. Laut IHK bleibt der Kreis Gütersloh damit das wirtschaftliche Schwergewicht in Ostwestfalen.

Hohe Erzeugerpreise

Grundlage für diese Zahlen ist die amtliche Statistik von IT NRW für Betriebe mit mehr als 50 Beschäftigten. IHK-Geschäftsführer Dr. Christoph von der Heiden spricht von einem „sagenhaften Ergebnis“, schränkt jedoch gleichzeitig ein. Die Umsatzgewinne würden relativiert durch die allgemeine Preisentwicklung. Die Inflationsrate sei im Laufe des Jahres von 4,2 Prozent (Januar) auf bis zu 8,8 Prozent (Oktober/November) angestiegen. Damit einhergehend seien die Erzeugerpreise immer teurer geworden, zum Beispiel für Agrarrohstoffe. In der Spitze hätten die Erzeugerpreise für gewerbliche Produkte dann mehr als 45 Prozent über den Vorjahreswerten gelegen. Die Preissteigerungen haben also einen gehörigen Anteil an den Umsatzgewinnen.

Zusammen mit IHK-Vizepräsident Dr. Markus Miele präsentierte von der Heiden jetzt die Ergebnisse der Frühjahrskonjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld. Von Mitte Januar bis Mitte Februar beteiligten sich daran 376 Unternehmen mit 36 670 Beschäftigten aus den Bereichen Industrie, Handel und Dienstleistung.

Lieferschwierigkeiten

Im Vergleich zur Herbstumfrage ist der IHK-Konjunkturklimaindex von 103 auf 113 Punkten angestiegen, während der Wert in Ostwestfalen von 100 auf 97 Punkte gesunken ist. Die 100er-Linie steht dabei für eine ausgeglichene Stimmung, bei der sich Optimisten und Pessimisten die Waage halten.

Wie Miele ausführte, bewerten 37 Prozent der Industrieunternehmen die aktuelle Geschäftslage als „gut“, im Herbst waren es 24 Prozent. Mehr als 40 Prozent hätten mehr investiert als im Vorjahr. Bei der Produktionsauslastung hätten 43 Prozent der befragten Unternehmen angegeben, dass die Kapazität zu mehr als 95 Prozent ausgelastet gewesen sei. „Viele Betriebe haben 2022 eher unter Lieferschwierigkeiten und fehlendem Personal gelitten als unter fehlenden Aufträgen“, erklärte der IHK-Vizepräsident. Die Auftragsbücher zahlreicher Unternehmen seien weiterhin gut gefüllt. 

Gedämpfte Erwartungen

Die aktuelle Geschäftslage im Handel bezeichnete Miele als zufriedenstellend. Der Index sei von 87 auf 102 Punkte angestiegen. Die Perspektive für die kommenden Monate werde zurückhaltend beurteilt. Auf einem sehr soliden Niveau bewege sich die Geschäftslage bei den Dienstleistern. Hier sei der Index von 122 auf 116 Punkte gesunken.

Trotz der guten Ausgangslage sind die Erwartungen für die Geschäftslage in den kommenden zwölf Monaten in den Betrieben im Kreis Gütersloh eher verhalten. Der Anteil der Optimisten, die mit einer Verbesserung rechnen, ist seit dem vergangenen Herbst von 21 auf 14 Prozent gesunken. Eine Verschlechterung erwarten 16 Prozent, die große Mehrheit geht von einer stabilen Entwicklung aus.

Personalmangel ist ein Problem

Unter anderem stellen die Energie- und Rohstoffpreise sowie die von der Inflation beeinträchtigte Inlandsnachfrage für rund 70 Prozent der Betriebe ein Risiko dar. Den Personalmangel geben 63 Prozent als Herausforderung an, und die Entwicklung der Auslandsnachfrage wird von fast jedem zweiten Betrieb kritisch gesehen. „Handelshemmnisse wie lokale Zertifizierungsanforderungen oder sogenannte Local-Content-Bestimmungen machen den international tätigen Unternehmen zunehmend das Leben schwer“, so der IHK-Vizepräsident. In gestörten Lieferketten sähen 46 Prozent der Befragten ein weiteres Risiko.

Angesichts der Problemlagen verwundert es nicht, dass die Investitionsplanungen im Inland zurückhaltend sind: 14 Prozent der Industriebetriebe planen mehr zu investieren, 18 Prozent eher weniger. Demgegenüber wollen 34 Prozent ihre Investitionen im Ausland erhöhen. „Es ist noch zu früh, hieraus einen nachhaltigen Trend abzulesen. Aber wir müssen uns Gedanken über die Wettbewerbsfähigkeit machen. Gefährlich wäre ein schleichender Verlust an industrieller Wertschöpfung, die in andere Länder abfließt“, mahnt Dr. Markus Miele.

Bürokratisierung in der Kritik

Bei den erwarteten Erträgen geht jeweils ein Viertel von steigenden beziehungsweise rückläufigen Erträgen aus, insbesondere kleinere Betriebe sind pessimistischer. Trotz der unsicheren Perspektiven wollen 54 Prozent mehr Personal einstellen. Diese Fachkräfte zu finden, ist ein weiteres Problem. Gleiches gelte für die Bürokratisierung, so Miele. Sie binde in den Unternehmen zu viel Arbeitskraft.

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