Befreiung ist heute erneut gefordert


Am 31. März 1945 endete in Ahlen der Zweite Weltkrieg. Der Freundeskreis Ahlener Soldaten, die Stadtverwaltung und das Aufklärungsbataillon 7 erinnerten an dieses Ereignis und richteten den Blick in die Ukraine, die aktuell auf eine solche Befreiung hofft, wie sie die Ahlener damals erlebten.

Gedenkfeier vor der Stadtbücherei: Mit einer Kranzniederlegung erinnerten die Stadtverwaltung, das Aufklärungsbataillon 7 und der Freundeskreis Ahlener Soldaten gemeinsam an das Kriegsende in Ahlen vor 78 Jahren. Damit würdigten sie auch die damaligen Retter der Stadt − Oberfeldarzt Dr. Paul Rosenbaum und US-Colonel Sidney Hinds. Christian Wolff

Die weißen Fahnen wehten schon von Giebeln und aus Fenstern, als der Zweite Weltkrieg am Karsamstag 1945 in Ahlen ein letztes Opfer forderte: Gerti Lodenkämper. Das kleine Mädchen starb, als eine von Hamm kommende deutsche Panzereinheit nichtsahnend mit offener Flanke vor den anrückenden amerikanischen Panzern unter Beschuss geriet.

Thomas Kras, Vorsitzender des Freundeskreises Ahlener Soldaten, erinnerte am Freitagvormittag beim traditionellen Kriegsende-Gedenken vor der Stadtbücherei an dieses Ereignis. Dabei hob er noch einmal die Verdienste des Oberfeldarztes Dr. Paul Rosenbaum, damals Leiter des Lazaretts im Lyzeum St. Michael, hervor. Dieser war zur selben Zeit, als jenes letzte Gefecht donnerte, mit hocherhobener Rot-Kreuz-Flagge im offenen Wagen stehend auf die Amerikaner zugefahren, die im Bereich der Mühle Walstedde lagen. Nur im Zusammenspiel mit deren Colonel Sidney Hinds konnte er Ahlen vor weiterer sinnloser Zerstörung bewahren. Kras: „Hinds war nach dem Gespräch mit Rosenbaum überzeugt, dass ein Nazi niemals die Worte ,Gott' und ,Barmherzigkeit' in den Mund nehmen würde.“

Die Brücke in die Gegenwart schlug Bürgermeister Dr. Alexander Berger. Der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine führe uns seit mehr als einem Jahr vor Augen, dass die in Europa längst überwunden geglaubten Herrschaftsansprüche erneut Opfer und viel Leid fordern. Betroffene dieses Krieges sind auch in Ahlen anzutreffen, unter anderem an der Flüchtlingsunterkunft in der ehemaligen Mammutschule. „Ich bin überzeugt davon, dass es auch für die Ukraine eine Befreiung geben wird, wie wir sie in Ahlen 1945 erfahren haben“, sagte er. Der regelmäßige Blick zurück, beispielsweise durch ein solches Gedenken, solle helfen, aus der Geschichte zu lernen.

Neben den Vertretern des Freundeskreises Ahlener Soldaten und der Stadtverwaltung beteiligten sich erneut Soldaten des Aufklärungsbataillons 7 aus der „Westfalen-Kaserne“ an der Veranstaltung. „Ich freue mich, dass Sie uns auch hier begleiten, denn der starke Regen hat sicher so einige zivile Gäste, die wir sonst am Gedenkstein begrüßen konnten, am Erscheinen gehindert“, sagte Thomas Kras.

Mit einem gemeinsamen Austausch im Stadthallen-Restaurant, wo die nassen Mäntel und Jacken erst einmal trocknen konnten, klang das Gedenken schließlich aus.

von Von Christian Wolff

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