Hermann Wenning präsentiert seinen neuen Roman


Warum zum Teufel ist eigentlich der Kühlraum des Restaurants für die Mitarbeiter tabu? Diese Frage stellt sich die Hauptfigur in Hermann Wennings neuem Roman „Harry Cocker, der Kochlehrling in der Drogenküche“.

Eine beeindruckende Lesung aus seinem neuen Roman bot Hermann Wenning. Martin Feldhaus

Im Rahmen der Nacht der Bibliotheken präsentierte der Ahlener Autor einige Passagen aus seinem Werk und schilderte in bedrückender und zugleich beeindruckender Detailliertheit und Authentizität, wie der 17-jährige Kochlehrling Harry Cocker in den 1990er-Jahren ein geheimes Drogenlabor im Kühlraum des Restaurants entdeckt. Auf den kurzen „Kick“ und viel Dealer-Geld folgt das, was folgen muss: der unvermeidbare ganz tiefe Abstieg.

Zunächst „nascht“ der schüchterne Junge an den synthetischen Drogen, verteilt sie dann aber, und wird letztlich zum Großdealer, der nachts in den Discotheken der seinerzeit florierenden Technoszene den großen Reibach macht. „Er merkt dabei gar nicht, wie schnell er selbst in die Abhängigkeit rutscht“, so Wenning. Auch nach der Schließung des italienischen Restaurants aufgrund der Verhaftung seiner beiden Chefs produziert der gerade volljährig gewordene Junge selbstständig auf einem Campingplatz weiter, bevor auch seine Dealerkarriere abrupt hinter Gittern endet. Ein Wendepunkt? Nur scheinbar…

Nach etwa einer halben Stunde folgte für die Zuhörer eine Überraschung: Wenning wechselte kurzerhand von dem Roman zu seinem ersten Buch „Lauf zurück ins Leben“ aus dem Jahr 2006, um einige Parallelen aufzuzeigen. „Ralf war auch mein Dealer“, erklärte er. Daran anknüpfend schilderte der erfolgreiche Langstreckenläufer, der mittlerweile Vorträge in Schulen Suchtkliniken und Gefängnissen hält, wie sein eigenes Leben auf dem Höhepunkt der Drogensucht aussah. „Drogen machen sehr einsam“, konstatierte er. Sein täglicher Bedarf zuletzt: 5 Liter Bier, 60 Zigaretten, dazu Amphetamine, Ecstasy und zuletzt auch Heroin vom berühmt berüchtigten Bremer Platz in Münster.

Insgesamt lieferte der Star der Ahlener Literaturszene tiefe Einblicke in sonst unverschlossene Welten, die zum Abschluss mit viel Applaus prämiert wurden. Die musikalische Begleitung der Lesung hatten Nelli Stein (Gesang) und Uwe Stein (Gitarre) übernommen. Sie hatten Wenning unter anderem mit dem Stück „Mutter der Mann mit dem Koks ist da“, angekündigt. „Wie kann ich jemanden aus der Drogensucht holen?“ Diese Frage werde ihm immer wieder gestellt. Die Antwort Wennings fällt dabei eindeutig aus: „Gegen seinen Willen ist noch niemand clean geworden“. Nur derjenige, der selbst wolle, schaffe es auch.

von Von Martin Feldhaus

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