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13.05.2022 | 11:00 Uhr
Braunbären und Straßenhunde, klare Bergseen und pulsierendes Bukarest: Rumänien ist so vielfältig, wie sich hierzulande kaum jemand vorstellt. Die Multivision von Ruth und Jürgen Haberhauer machte neugierig.
Atemberaubenden Landschaften – hier das Donaudelta – illustrierten die die Vielfältigkeit Rumäniens. Haberhauer
Armenhaus Europas, Korruption und natürlich der berühmt berüchtigte Graf Dracula. Das sind (leider) häufig die einzigen Dinge, die Menschen zum Thema Rumänien einfallen. „Viele haben keine rechte Vorstellung von dem Land“, weiß Jürgen Haberhauer. Gemeinsam mit seiner Frau Ruth, die in Rumänien aufwuchs und mit ihrer Familie noch vor der Revolution 1989 nach Deutschland auswanderte, nahm er die Zuschauer in der Stadthalle am Donnerstagabend bei der letzten Etappe der diesjährigen Multivisionssaison mit auf eine Reise in das so unbekannte und vorurteilsbehaftete „Land jenseits der Wälder“, das schon immer unterschätzt wurde.
Wohl auch deshalb überraschten unzählige faszinierende Bilder von Klöstern, Kirchen und anderen Sehenswürdigkeiten sowie atemberaubenden Landschaften, die die Vielfältigkeit des Landes illustrierten. Beispielsweise von den kulturellen Höhepunkten Siebenbürgens im Herzen Rumäniens. Hier finden sich etwa zahlreiche landschaftsprägende Kirchenburgen, von denen es um 1600 insgesamt 300 in der Region gab – 160 sind heute noch erhalten. Hier fand jede Familie Zuflucht, hatte sogar einen eigenen Vorratsraum in den Anlagen.
Einen natürlichen Schutzwall bilden ferner die weltberühmten Karpaten, die auch die beiden Rumänienkenner immer wieder faszinieren. Hier findet man klare Bergseen, Bäche und einen „unglaublichen Artenreichtum“. Und wo ist es dort besonders schön? Laut den Haberhauers im Wandergebiet der Karpaten, dem Königsteinmassiv. Hier lebt allerdings auch eine beeindruckende Population von Braunbären.
Ganz im Osten des Landes bildet die Donau das zweitgrößte Delta Europas – eines, das viele gestresste und oberflächliche Touristen gar nicht erfassen: „Die Musik des Deltas hört nur derjenige, der selbst ganz still ist“, gab Jürgen Haberhauer mit auf den Weg. Die Tiere seien dort gut an die Umgebung angepasst und warteten nicht auf Touristen mit Kameras, so dass man Zeit mitbringen müsse, um die Schönheit dieses Ortes erkennen zu können. Wer das schafft, kann hier 300 verschiedene Vogelarten, auch den sehr seltenen Seeadler, sehen.
Sehr berührt waren die Haberhauers vom Schicksal der Straßenhunde in Rumänien. „Das beschäftigt uns seit der ersten Reise“, sagten sie und erklärten auch, warum dieses Problem so massiv auftritt: Da die Vierbeiner oft nicht kastriert würden, lande der Nachwuchs auf der Straße. Dem Elend dieser gezeichneten Tiere entgegenzuwirken, versucht unter anderem ein Tierheimbesitzer, bei dem Bilder entstanden, die das Herz berührten.
Wie in vielen anderen Staaten auch, gibt es in dem südosteuropäischen Land am Schwarzen Meer große Unterschiede zwischen ländlich geprägten Regionen und urbanen Ballungsräumen. Diese spiegelten sich auch in den Bildern wider: einerseits die geheimnisvollen Maramureș ganz im Norden des Landes, wo in einigen Dörfern die Pflüge noch von Pferden gezogen werden, und andererseits die Metropole Bukarest, wo das Leben pulsiert. In der Hauptstadt ist jedoch vieles nicht mehr so schön, wie es früher einmal war. „Ganze Stadtviertel wurden dem Erdboden gleichgemacht“, berichteten die Haberbauers auch darüber, wie im 20. Jahrhundert historische gewachsene Wohnblöcke einst sozialistischen Monumenten weichen mussten.
Das Publikum verabschiedeten die beiden Referenten mit einer Aussage von Ruth Haberhauers ehemaliger Lehrerin, die sich wie ein roter Faden durch die gesamte Multivision zog: „Man muss es eigentlich nur einmal schaffen, Menschen nach Rumänien zu holen. Denn dann werden sie immer wiederkommen.“ Ein Gefühl, dass die Zuschauer bei vielen Bildern empfanden. „So authentische Einblicke in ein anderes Land bekommt man selten“, stellte auch „AZ“-Redaktionsleiter Peter Harke fest. Rumänien? Das ist für einige Ahlener jetzt viel mehr als ein vorurteilsbehaftetes Land, von dem man eigentlich gar keine konkreten Vorstellungen hat.
von Von Martin Feldhaus
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