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Von Redaktion, 05.02.2019 | 18:52 Uhr
Verl (ack) - Zu dem Vorhaben der niedersächsischen Lindhorst-Gruppe, an der Königsberger Straße in Sürenheide eine Seniorenresidenz mit 80 vollstationären Plätzen sowie zwei Stadtvillen zu errichten, haben im Fachausschuss jetzt zwei Experten Stellung bezogen. Und zwar durchaus kritisch.
Wohin, wenn man pflegebedürftig ist? Dem Kreis Gütersloh sowie dem Altersmediziner Bernd Meißnest vom LWL-Klinikum Gütersloh zufolge möchten immer weniger Menschen in großen, vollstationären Einrichtungen leben. Im Trend liegen Wohngruppen. Die Zahl der Hausgemeinschaften steigt stark an.
Sie empfahlen dringend, dem Vorhaben nicht zuzustimmen. Die Politiker wollen Anfang März eine Entscheidung fällen.
Die Zahlen der Lindhorst-Tochter Mediko-Gruppe legen nahe: Verl hat ein Problem bei der Zahl der Pflegeplätze. 79 vollstationäre Plätze fehlen demnach aktuell, 164 gar im Jahr 2030. Aber: Mediko hat bei ihrer Berechnung die Hausgemeinschaften vergessen.
Judith Schmitz, Leiterin der Abteilung Soziales beim Kreis Gütersloh, präsentierte im Ausschuss für Bildung, Sport, Kultur und Generationen ihre Sicht der Dinge und die Zahlen, die der Kreis ermittelt hat. Schmitz sieht für Verl einen Bedarf von acht zusätzlichen Plätzen – die Hausgemeinschaften eingerechnet. Zu dieser Wohnform zählen zum Beispiel das Haus am Stein in Kaunitz oder die Einrichtung des Vereins Daheim an der Paderborner Straße in Verl. Berücksichtigt man diese Plätze auch für die Berechnungen der Mediko-Gruppe, sind es derzeit nicht mehr 80 Plätze, die in Verl fehlen, sondern nur noch 11. Heißt: Mediko und Kreis sind nicht weit voneinander entfernt, was die Basiszahlen angeht. Für das Jahr 2020 erwartet der Kreis für die Kernstadt Verl einen Überhang von 37 Plätzen. In Kaunitz fehlen 10, in Sende 12, in Bornholte 19. Und in Sürenheide 42. Aber keine 80, die die Seniorenresidenz dort hätte.
Kreis befürchtet Verdrängungswettbewerb zulasten der Pflegequalität
„Die Pflegewohngruppen sind in der Versorgungsstruktur des Kreises Gütersloh von großer Bedeutung und bei einer Prognose unbedingt mit in die Betrachtung einzubeziehen“, heißt es in einer Stellungnahme des Kreises zu dem Vorhaben der Lindhorst-Gruppe. Der Kreis erwartet einen Verdrängungswettbewerb, wenn der Stadtrat eine Seniorenresidenz in der geplanten Größe in Sürenheide genehmigt. „Der könnte zulasten der etablierten Bestandseinrichtungen gehen“, schreibt der Kreis. Judith Schmitz konkretisierte: „Erfahrungsgemäß kann mangelnde Auslastung in allen Einrichtungen zu einer Verschlechterung der Versorgungsqualität führen.“
„Große Einrichtungen sind zunehmend nicht mehr gefragt“
Die Lindhorst-Tochter Mediko kalkuliert mit einer Auslastung von 98 Prozent. Diese Zahl nannte Geschäftsführerin Susanne Thon bei einer Bürgerversammlung im Januar. Bei anderen Einrichtungen dürfte das ähnlich sein. Denn Geld verdienen wollen und müssen alle.
Hinzu kommt nach Ansicht von Judith Schmitz vom Kreis Gütersloh, dass die Zahl der Menschen, die in vollstationären Einrichtungen – in Verl sind das das St.-Anna-Haus und der Louisenhof – untergebracht sind, sinkt. Zumindest die Quote. 18,19 Prozent sind es derzeit. Eine Zahl, die auch Bernd Meißnest, der zweite Experte, der sich gegen eine Seniorenresidenz in Sürenheide ausspricht, bestätigte. Der Chefarzt der Klinik für Gerontopsychiatrie und Psychotherapie sowie Leiter des Zentrums für Altersmedizin am LWL-Klinikum in Gütersloh erklärte: „Große Einrichtungen sind zunehmend nicht mehr gefragt.“ Der Trend gehe zu Wohngruppen. Er meint, dass in Sürenheide eine Hausgemeinschaft benötigt wird und kein großes Heim.
Welchen Bedarf der Kreis und Chefarzt Bernd Meißnest für Verl und Sürenheide sehen und warum der Kreis darüber nachdenkt, die Anzahl von Pflegeplätzen in den Städten und Gemeinden künftig zu steuern, lesen Sie in der „Glocke“ von Mittwoch, 6. Februar!
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