Corona-Krise stellt Frauenhaus vor Probleme

Von Redaktion,

Warendorf (ate) - Die strikten Ausgangsbeschränkungen in Deutschland lassen befürchten, dass das zu einem Anstieg häuslicher Gewalt führen könnte. Noch verzeichnet das Frauenhaus Warendorf keine Zunahme von Anfragen misshandelter Frauen. Doch Vorbereitungen für den Fall der Fälle laufen auf Hochtouren.

„Dankeschön“ sagen Bewohner und Mitarbeiter des Frauenhauses Warendorf für die Unterstützung aus der Bevölkerung. Dank einer Spende wurde kürzlich ein Gartenprojekt verwirklicht, das Müttern und Kindern in Corona-Zeiten einen Moment der Erholung geschenkt hat.

Die Mitarbeiterinnen sind zurzeit gemeinsam mit der Stadt Warendorf damit beschäftigt, eine Wohnung einzurichten, um gegebenenfalls mehr Betroffene aufnehmen zu können – und für den Fall, dass jemand mit dem Coronavirus infiziert ist oder sein könnte und isoliert werden muss.

Weiterer Wohnraum gesucht

Daneben wird dringend weiterer Wohnraum gesucht. Das berichtete Frauenhaus-Mitarbeiterin Jasmin Hofmann auf Anfrage der „Glocke“. Die Befürchtungen kommen nicht von ungefähr: Es gebe entsprechende Informationen aus Ländern wie China, Italien und Spanien, dass es zu einem steigenden Schutzbedarf komme. Eine Wohnung werde daher vermutlich nicht ausreichen. „Wir bereiten uns auf jeden Fall vor und entwickeln Notfallkonzepte. Die Stadt ist bereits bemüht, eine zweite Wohnung zur Verfügung zu stellen“, bestätigt Hofmann. Zudem sucht die Einrichtung selbst weitere Unterkunftsmöglichkeiten. Auf ihrer Internetseite bittet sie Bürger, sich im Frauenhaus zu melden, falls sie über Wohnungen verfügten, die das Frauenhaus vorübergehend anmieten könnte.

Schon jetzt ist der Zufluchtsort in der Emsstadt nahezu voll belegt: „Seit dem Osterwochenende gibt es nur noch einen einzigen Platz für eine alleinstehende Frau“, berichtete die Diplom-Pädagogin am Dienstag. Die Corona-Krise stellt die Mitarbeiterinnen des Frauenhauses noch einmal vor ganz neue Herausforderungen, denn die finanziellen Mittel für ihre Arbeit seien grundsätzlich „auf Kante genäht“: „Frauenhäuser sind unabhängig von Corona prinzipiell schlecht finanziert und immer schon auf Spenden angewiesen.

Arbeiten an der Belastungsgrenze

Jetzt stehen zusätzliche Fragen im Raum wie Wohnungsanmietung, Stundenaufstockung von Mitarbeitern oder Honorarkräften für mehr Beratung, um die wir uns kümmern müssen“, erläutert Jasmin Hofmann. „Wenn jetzt noch mehr Krise kommt, trifft uns das hart, weil wir bereits an der Belastungsgrenze arbeiten“, fasst sie zusammen.

Die Opfer häuslicher Gewalt, die ins Warendorfer Frauenhaus geflohen sind, haben gerade jetzt einen extrem hohen Kontakt- und Beratungsbedarf, da wegen Corona sämtliche Angebote ausfallen.

 „Deshalb müssen wir aktuell viel vor Ort für die Frauen und Kinder da sein und uns zusätzlich um die anderen Fragen kümmern“, schildert Frauenhaus-Mitarbeiterin Jasmin Hofmann, den Alltag. So falle beispielsweise – zum ersten Mal seit 17 Jahren – die wöchentlich stattfindende Außengruppe für Frauen, die bereits ausgezogen sind, und aktuelle Bewohnerinnen für länger aus. Das sei aber eine wichtige Stütze für die Betroffenen, weil sie sich dort austauschen können. Auch andere Angebote gibt es zurzeit nicht. Alles konzentriert sich wie vielerorts auf das Leben im Haus. Für die Kinder ist das doppelt schwer: „Denn ihnen ist durch die Flucht ins Frauenhaus sowieso schon die Struktur ihres alten Lebens weggebrochen, sie mussten Freunde und soziale Beziehungen aufgeben.

Kindern bricht Struktur weg

Nun bricht diesen Kindern auch noch die Struktur des Kindergartens und der Schule weg. Dabei gibt genau diese Sicherheit, die sie besonders brauchen“, weiß die Pädagogin. Die ambulanten Angebote fehlten auf allen Ebenen. Die Kinder bräuchten normalerweise sehr viel Nähe und Zuwendung, aber die Abstandsregeln wegen Corona liefen dem zuwider. „Wir machen deshalb viel draußen und konnten dank einer Spende ein Gartenprojekt starten sowie Momente der Erholung schenken – an der frischen Luft, mit Bewegung und nötigem Abstand.“ Erschwerend kommt in Corona-Zeiten die Wohnsituation im Frauenhaus, in dem zehn Frauen und zehn Kinder aufgenommen werden können, hinzu:

„Wir sind zwar in der Luxusposition, dass wir eine eigene Immobilie haben. Immerhin haben unsere Bewohnerinnen für sich und ihre Kinder ein eigenes Zimmer, aber alle anderen Räume wie Küche, Bad und Wohnzimmer müssen geteilt werden. Es gibt keine kleinen Wohneinheiten. Zeitgemäß ist das nicht mehr“, legt Jasmin Hofmann dar. Aktuell würden die Frauen und Kinder zeitversetzt aufgenommen: das heißt, an einem Tag immer nur eine Familie. 

Bereits am Telefon werde nach dem Gesundheitszustand gefragt: Gab es Kontakt zu Infizierten, kommt die Frau aus einem Corona-Risikogebiet, hat sie Erkältungssymptome? Automatisch getestet werden sie laut Jasmin Hofmann nicht, nur wenn es Verdachtsmomente gibt. Die acht Mitarbeiterinnen arbeiteten als Folge der Corona-Krise in einem Zwei-Schichten-System (zwei Teams zu je vier Mitarbeiterinnen im 14-tägigen Rhythmus) für den Fall, dass es einen Quarantäne-Fall gibt.

„Großartige Unterstützung der Bürger“

Das Frauenhaus Warendorf ist auf die Spendenbereitschaft und den Rückhalt vor Ort angewiesen: „Wir sind über die großartige Unterstützung der Bürger glücklich“, sagt Jasmin Hofmann. Doch unabdingbar sei eine politische Lösung, die eine sichere Förderung der Frauenhäuser ermögliche und die Abhängigkeit von Spenden beende.

Wer die Schutzeinrichtung unterstützen möchte, könne dies am besten mit einer Geldspende tun. Dankbar wäre man auch über Damenfahrräder. Einen entsprechenden Aufruf hat es in der Facebook-Gruppe „Warendorfer helfen Warendorfern“ gegeben. Auch über Hilfe bei der Reparatur vorhandener Fahrräder würde man sich freuen: „Normalerweise machen wir das selbst, aber zurzeit haben wir zu wenig Zeit dafür. Wenn sich jemand fände, wäre das toll“, meint die Mitarbeiterin. Und noch einen Bedarf gibt es im Kinderbereich: „Den Jüngsten fehlen für den Bau von Türmen Sechser- und Achter-Duplo-Legosteine.“

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