IHK Nord Westfalen: „Weniger schlecht ist lange nicht gut“


Nach dem Energiepreisschock vom vergangenen Jahr hat sich die Lage der regionalen  Wirtschaft nur leicht entspannt.

Die Energiekosten sind in den vergangenen Monaten massiv angestiegen. Wie sich die staatlichen Energiepreisbremsen auswirken, ist einem großen Teil der heimischen Unternehmen derzeit nicht klar.

Münster (gl) - Für ein Aufatmen ist es noch zu früh: Die heimische Wirtschaft hat nach Angaben der Industrie- und Handelskammer (IHK) Nord Westfalen in Münster zwar die Talsohle nach dem Energiepreisschock vom vergangenen Jahr durchschritten. Die konjunkturelle Unsicherheit bleibt aber weiterhin groß.

Trendwende noch nicht in Sicht

„Weniger schlecht ist noch lange nicht gut“, fasste Dr. Fritz Jaeckel, IHK-Hauptgeschäftsführer, die Ergebnisse der am Freitag vorgestellten Konjunkturumfrage zusammen. Die Unternehmen im Münsterland und der Emscher-Lippe-Region sind demnach wieder etwas zuversichtlicher als im Herbst vergangenen Jahres. Eine echte Trendwende sei aber noch nicht in Sicht. 

Jaeckel untermauerte seinen Standpunkt mit den Geschäftserwartungen der Unternehmen. Mehr als jedes zweite Unternehmen erwartet eine gleichbleibende Geschäftsentwicklung. Nur ein Bruchteil der Betriebe – ganze 10 Prozent – erwartet eine Besserung. „Das kann nicht zufriedenstellen“, wertete dies der Hauptgeschäftsführer. Wer mit einer gleichbleibenden Lage rechne, erwarte keine Erhöhung der Produktion, der nutze seine Kapazitäten auch nicht voll aus. 

Unterschiede zwischen den Branchen

Die IHK registrierte in den Antworten der Unternehmer auf ihre Fragen deutliche Unterschiede zwischen den Branchen. Im Einzelhandel etwa verbesserte sich die Stimmung. Der Anteil der Betriebe, die von schlechten Geschäften berichteten, ging von 42 auf 13 Prozent zurück. Deutlich angeschlagen zeigte sich hingegen die Industrie. Fast jedes fünfte Unternehmen ist derzeit mit seiner wirtschaftlichen Situation nicht zufrieden. „Drei von vier Unternehmen haben nach wie vor Lieferschwierigkeiten“, sagte Jaeckel. Längere Wartezeiten, gestiegener Planungsaufwand und Ertragseinbußen seien die Folge. 

Unabhängig von der unsicheren Konjunkturlage zeigt sich nach Erkenntnisse der Kammer der Arbeitsmarkt. Ein Viertel der heimischen Unternehmen – insbesondere in der Industrie und in der Dienstleistungsbranche – plant, den Personalbestand aufzustocken. „Der Arbeitsmarkt hat sich von der konjunkturellen Entwicklung entkoppelt“, erläuterte Jaeckel in Münster. Seiner Einschätzung zufolge stellten die Betriebe teilweise auch über Bedarf ein. Hintergrund sei die Verrentung der erfahrensten Mitarbeiter. Die Babyboomer, die Generation, die nach dem Zweiten Weltkrieg bis 1964 geboren wurde, verlasse die Betriebe. Jetzt gehe es darum, den Übergang auf jüngere Mitarbeiter zu gestalten.

Unklare Energiepreisbremse

Unter den von der IHK befragten Unternehmen ist vielen weitgehend unklar, wie sich die Energiepreisbremsen auswirken werden. Fast jeder zweite Betrieb (45 Prozent) kann derzeit noch nicht abschätzen, ob die seit Januar wirksamen Strom- und Gaspreisbremsen eine stabilisierende Wirkung entfalten können. Jedes vierte Unternehmen erwartet keine Entlastung, in der Industrie ist sogar fast jeder dritte Betrieb (38 Prozent). 

Insgesamt ist fast jedes Unternehmen im Kammerbezirk von den hohen Energiepreisen betroffen. Nur bei jedem elften Unternehmen in der Region spielen die Kosten für Strom, Öl oder Gas keine Rolle. Um gegenzusteuern, haben fast alle Betriebe Maßnahmen gegen die Energiepreissteigerungen ergriffen. Zwei Drittel der Unternehmen konnte die erhöhten Kosten an ihre Kunden weitergeben. Jeder zweite Betrieb setzt auf Energieeinsparungen oder auf Investitionen in Effizienzmaßnahmen. 

Das Geschäftsergebnis ist nach Erkenntnissen der IHK nur zu einem sehr geringen Teil von den Energiepreisen abhängig. Die finanzielle Lage der Unternehmen ist gegenüber der vergangenen Umfrage aus dem Herbst fast unverändert. Mehr als 60 Prozent bezeichnen ihre Finanzlage weiterhin als „unproblematisch“.

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