Rektorin will im Ruhestand lernen statt lehren


Der Abschied ist selbstgewählt, mit der Familie abgestimmt: Ende des Monats gibt Sabine Hengstenberg die Leitung der Gesamtschule ab.

Bis zur offiziellen Verabschiedung am 31. Januar gibt die Gründungsrektorin Sabine Hengstenberg noch Unterricht. Zehn Jahre hat sie den Aufbau der Herzebrock-Clarholzer Gesamtschule geleitet und geprägt. Bilder: Becker

Herzebrock-Clarholz (rob)  -   Seit drei Jahren steht fest: Ende des Monats gibt Sabine Hengstenberg die Leitung der Gesamtschule ab und tritt vorzeitig in den Ruhestand. Seit der Gründung im Jahr 2012 ist Hengstenberg die Leiterin der Von-Zumbusch-Gesamtschule. Ihr Nachfolger ist bereits bekannt: Sebastian Menke, Abteilungsleiter der Stufen 8 bis 10 der Peter-August-Böckstiegel-Gesamtschule am Standort Werther. 

Verabschiedung am 31. Januar

Dass sie vorzeitig geht, daraus macht Hengstenberg, die 1979 in Sennestadt Abitur gemacht und danach an Schulen in Minden, Gütersloh und eben Herzebrock-Clarholz Mathematik und Chemie unterrichtet hat, keinen Hehl. Es sei zu viel passiert in ihrem Umfeld. „Die Perlenkette ist nicht unendlich lang“, sagt sie mit Blick auf das Alter. Zwar sei ihre Energie ungebremst. Bis zur offiziellen Verabschiedung am 31. Januar, zu der die Detmolder Schuldezernentin Elke Schluckebier erwartet wird, gibt sie noch Unterricht. Aber längst hat sie den Blick weiter gestellt. „Es gibt noch viele andere Möglichkeiten, sich zu engagieren“, sagt sie. 

Urvertrauen zählt

Ein Grund für ihren lange abgewogenen Entschluss: „Die letzten Jahre waren gesellschaftlich prägend“, sagt sie. Corona ist ein Thema, das sie darunter fasst. Den digitalen Unterricht habe man gut gemeistert an ihrer Schule. Das Kollegium habe während der zehn Jahre gut funktioniert, sagt die Chefin. „Hier wurde alles mit sehr viel Urvertrauen aufgebaut.“ Von anfangs 12 Lehrkräften ist der Stamm auf 72 Köpfe gewachsen. 800 Schülerinnen und Schüler zählt die Schule mittlerweile. Ihre eigene Rolle als Lehrerin sieht sie immer noch voller Freude: „Ich liebe es, lebensnahe Mathematik zu vermitteln.“ Urvertrauen sei das Grundkapital der Schule. Alle so zu stärken, dass sie eigenständig agieren können, lautet ihre Prämisse.

Rektorin schätzt gutes Benehmen

Traditionen schätzt sie, gutes Benehmen habe sie ihren Schülerinnen und Schülern vermittelt und als Grundlage dafür selbst Knigge-Kurse besucht. Man könne mit einem guten Beispiel die Schüler auch heute noch beeindrucken, sagt sie. Begonnen hatte sie ihre Laufbahn als Lehrerin nach dem Referendariat in Dortmund 1991 an der Kurt-Tucholsky-Gesamtschule in Minden. Als erste Frau in NRW habe sie dort die Stundenpläne gemacht, erinnert sie sich. Im Jahr 2000 wechselte sie zur Janusz-Korczak-Gesamtschule nach Gütersloh, war dort zwölf Jahre lang Abteilungsleiterin. Im Oktober 2011 kam die Anfrage aus Herzebrock-Clarholz. Wenige Monate später war sie Gründungsrektorin der Schule, die sechs Jahre später die Haupt- und Realschule an gleicher Stelle ablöste. 

Innovative Schulentwicklung

Vieles habe sie auf den Weg gebracht, wie eine innovative Schulentwicklung und eine gute Personalführung. Ihre Rolle als Lehrerin sieht die scheidende Rektorin immer noch voller Freude: „Ich liebe es, lebensnahe Mathematik zu vermitteln.“Ferner seien eine interne Kommunikation und außerschulische Kooperationen, beispielsweise in Bezug auf Firmenpraktika oder als Partner des Erntedankumzugs, aufgebaut. Gefahren ist sie in all den Jahren von ihrem Wohnort Werther. „Ich habe Herausforderungen geliebt“, sagt Sabine Hengstenberg. Das gilt auch für ihre Zukunft. Zwar möchte sie sich nach dem Abschied zuerst etwas Zeit nehmen, um innere Ruhe zu finden. Gleichwohl hat sie sich bereits jetzt ein reichhaltiges Programm gestrickt und einige Ziele gesetzt. 

Klavier und Kunst

Klavier möchte sie lernen, ihre Liebe zur Kunst ausleben („Ich mag Impressionismus“), mit ihrem Mann verreisen und sich darüber hinaus in der Hospizarbeit engagieren. Es sei ein unglaublicher Zeitgalopp gewesen, diese 32 Jahre Schule seit 1991, sagt sie. Prägend waren zuletzt die Bauphasen. Erst Mensa, später die Erweiterung. „Spaß hat’s gemacht und spannend war es.“ Haben sich die Schüler in den drei Jahrzehnten verändert? „Von den Grundbedürfnissen her nicht“, sagt Hengstenberg. Bei den vergangenen Projekttagen habe sie es wieder bemerkt: „Eigentlich wollen sie es. Sie müssen nur entsprechend animiert werden.“ Den Abschied hat sie bereits geplant. 

Antworten zum Abschied

Ihre Tochter habe ihr zu Weihnachten einen Kalender geschenkt mit einem persönlichen Eintrag für jedes Datum. Die Aufgabeneinträge der letzten drei Januar-Tage hat Sabine Hengstenberg herausgeschrieben: Wofür arbeite ich? Wofür träume ich? Was möchte ich im Sommer tragen? Am letzten Arbeitstag, ihrer Verabschiedung, möchte sie die Antworten ihren Schülerinnen und Schülern mit auf den Weg geben.

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