„Saugking“ geht Zivilfahnder ins Netz

Von Redaktion,

Langenberg (gdd) - Saugen kann man nicht nur mit den Lippen, dem Rüssel oder dem Staubsauger, sondern auch im Internet. Dort steht das Verb synonym für das Herunterladen von Dateien. Wer rechtlich Geschütztes aus dem weltweiten Netz saugt, macht sich als Nutzer ebenso strafbar wie die Betreiber einschlägiger Plattformen.

Illegal im Netz: Bis zu 3000 Zugriffe täglich zählte die Internetplattform, die ein Langenberger sechs Monate lang betrieb. Dafür wurde der 39-Jährige nun zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.

Ein Mann aus Langenberg hat mit seinem illegalen Internetportal „Saugking“ in sechs Monaten zwischen 30 000 und 40 000 Euro Kasse gemacht. Von einem Zivilfahnder erwischt, musste sich der Langenberger vor dem Schöffengericht Gütersloh verantworten. Es sind die Zutaten eines spannenden Thrillers: Der 39-jährige Elektrotechniker verdient nach Feierabend Geld mit dem Betrieb seines Portals, das Musik und Filme zum Herunterladen „empfiehlt“. Ein 31-jähriger Grundschullehrer aus Hamburg macht sich in seiner Freizeit auf Spurensuche, indem er im Internet nach schwarzen Schafen fahndet – und auf den Langenberger aufmerksam wird. Nicht ganz uneigennützig: Der Lehrer ist auf Honorarbasis als Agent für eine Firma im Einsatz, die wiederum für die deutsche Musikindustrie recherchiert. Während der Verhandlung vor dem Schöffengericht blickten sich „Jäger“ und „Gejagte“ nur kurz in die Augen.

39-Jähriger muss sich in 116 Fällen verantworten

Der Hamburger Rechtsanwalt Mirko Brüß, der als Nebenkläger im Auftrag der Musikindustrie auftrat („Meine Mandanten decken 80 Prozent des Markts der Musikindustrie ab“), äußerte sich gegenüber der „Glocke“ so: „Unser Mann arbeitet für eine private Online-Ermittlerfirma.“ Diese sei bei ihren Recherchen auf einen in Rumänien installierten Server gestoßen. Das Unternehmen dahinter vermietet Speicherkapazitäten. Doch die Bukarester weigerten sich auf Anfrage, ihre Kunden preiszugeben. Erst eine erfolgreiche Klage vor dem Zivilgericht, so Brüß, habe die Rumänen zum Reden gebracht: Einer der Speichermieter war der Langenberger.

Die strafrechtlichen Ermittlungen im Fall „Saugking“ mündeten in dem Vorwurf, der 39-Jährige habe sich wegen unerlaubten Eingriffs in urheberrechtlich geschützte Werke und verwandte Schutzrechte in 116 Fällen zu verantworten. Der Staatsanwalt warf ihm vor, mit dem Betrieb seines Internetboards „den Zugriff zu dort eingestellten Downloadlinks ermöglicht zu haben, mittels derer Nutzer auf Musik- und Filmwerke, Software-Programme, Computerspiele und E-Books zugreifen konnten, ohne dass die Zustimmung der jeweiligen Rechteinhaber vorlag“. Verdient hat der Langenberger schließlich an der Werbung, die auf der Seite geschaltet wurde. „Saugking“ soll täglich 3000 Zugriffe registriert haben.

Bewährungsstrafe für Portalbetreiber

„Links“, „Downloads“, „Clicks“: Die Beweisaufnahme dessen, was im Jahr 2014 sechs Monate lang gelaufen war, wurde für die zwei Schöffen zur Lehrstunde in Computerenglisch. Und: 756 000 Musiktitel sollen den Besuchern des Portals angeboten worden sein. Nach den Paragrafen 106 und 108 des Urheberrechtsgesetzes könne der illegale gewerbsmäßige Handel mit Internetdaten mit bis zu fünf Jahren Gefängnis geahndet werden, betonte gegenüber der „Glocke“ IT- und Medienanwalt Mirko Brüß. „Die Täter lernen dazu, ihre Verfolgung wird immer schwieriger. Wer in der eigenen Wohnung unbeobachtet Online-Rechtsverletzungen begeht, indem er Internetseiten benutzt, die verboten sind, macht sich aber strafbar.“ Das Schöffengericht Gütersloh verurteilte den Mann aus Langenberg wegen unerlaubter Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke in Tateinheit der Beihilfe zur unerlaubten Verwertung dieser Werke zu einem Jahr Gefängnis. Die Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Der 39-Jährige muss jedoch mit nicht unerheblichen Schadenersatzansprüchen rechnen.

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