Warendorf: So soll Marienkirche nach Umnutzung aussehen

Von Christoph Ackfeld,

Wohnungen, Büros, Caféteria und mehr: Am Sonntag wurden die Pläne für das Gotteshaus vorgestellt. Nun muss ein Investor gefunden werden.

So könnte es im Innern der Marienkirche in der Warendorfer Altstadt demnächst aussehen. Die Visualisierung des Büros Kuckert Architekten zeigt das Erdgeschoss, in dem Raum für ein Café wäre. In der Kirche soll gebaut werden. In den Geschossen ist Wohnraum eine Option.

Warendorf (ack) - Wohnungen, Büros, eine Caféteria und mehr: Das könnte die Zukunft der Marienkirche in der Warendorfer Altstadt sein. Am Sonntag haben Kirchengemeinde, Bistum und das Büro Kuckert Architekten die Pläne für das Gotteshaus vorgestellt. Und die sind spektakulär. Gefunden werden muss nun ein Investor, der die Ideen umsetzt.

In der Kirche soll auf der Südseite ein Neubau entstehen. In Richtung Norden – in Richtung Pfarrheim – soll das Gebäude hingegen gar nicht groß verändert werden. Christian Kuckert und Johannes Bajer vom Büro Kuckert Architekten aus Münster, die Erfahrung mit der Umnutzung von Kirchen haben, haben sich das gesamte Areal angeschaut. Ihr Urteil: Richtig wahrgenommen wird die Kirche nur von drei Seiten. Im Süden hingegen sind Häuser sehr nah an die Marienkirche, die unter Denkmalschutz steht, gebaut worden. Das ist die Seite, die künftig für Wohnungen genutzt werden soll. 

Ein Blick auf die Südseite der Marienkirche. Dort sollen nach dem Entwurf von Kuckert Architekten Büros und Wohnungen entstehen. Weil sich Wohnraum ohne Freisitz schlecht vermarkten lässt, ist eine Umgestaltung des Gebäudes in diesem Bereich geplant. Im vierten Obergeschoss sollen Terrassen für die vier Wohnungen entstehen, die geplant sind.

Ein Rundgang:

Erdgeschoss: Auf der Südseite sehen die Planer Raum für eine Kapelle, in den Plänen als Raum der Stille bezeichnet, in den man sich wochentags zurückziehen kann. Es gibt aber auch Platz für eine Küche, Theken und sanitäre Anlagen sowie Nebenräume. Auf der Nordseite, zur Straße Marienkirchplatz hin, könnte ein großer Raum entstehen, der auch für Feiern genutzt werden kann. Denkbar ist vieles, entschieden noch nichts. Das gilt für die gesamte Planung.

Der Chorraum könnte weiter hin und wieder für Messen genutzt werden. Denkbar ist, dass

Hintergrund:

Dieser erste Kirchenbau wurde an der Stelle bereits Ende des 12. Jahrhunderts im romanischen Stil errichtet und im 15. Jahrhundert gotisch umgestaltet. „Urkundlich belegt ist die Existenz einer zweiten Gemeinde in Warendorf im Jahre 1253 mit einer Urkunde“, schreibt der Heimatverein auf seiner Internetseite. Bis heute wird St. Marien als „neue Kirche“ bezeichnet. Die Gemeinde St. Laurentius wurde 785 gegründet. Von der ursprünglich errichteten Marienkirche findet man heute nur noch den markanten Turm. Im Jahre 1741 wurde die Kirche bei einem großen Brand der Stadt vollständig zerstört. Durch den Verlust eines wundertätigen Gnadenbildes verlor die Marienkirche den Status als Wallfahrtskirche. Die Kirche wurde danach mit barocker Innenausstattung neu aufgebaut.

Im Jahr 1911 wurde mit dem Neubau des jetzigen Kirchengebäudes begonnen. Ausschlaggebend waren die schlechte alte Bausubstanz und die wachsende Einwohnerzahl im Westen der Stadt. Da zum Osten der Neubau durch ein städtisches Schulgebäude begrenzt wurde, richtete man den Altarraum zum Westen aus. Im Jahre 1958 wurde das Schulgebäude abgerissen und die Kirche zum Osten hin erweitert. Die Umlegung des Altarraumes und die ursprünglich geplante Doppelturmanlage wurden aus Kostengründen nicht realisiert. Im Rahmen der Erweiterung wurde die Apsis mit einer Klinkerwand verschlossen. Die Kirche besitzt seit 2012 eine flexible Bestuhlung und ist neben seiner Funktion als Kirchenraum Ort für vielfältige Veranstaltungen.

in der Marienkirche geheiratet und dann direkt gefeiert wird. Möglich ist auch, dass es einen Cafébetrieb gibt. Auf dem Kirchplatz könnten Tische und Stühle aufgestellt werden. „Kirche und Stadt begegnen sich“, heißt es in der Präsentation, die die Arbeitsgruppe ausgearbeitet hat. Platz für Seminarräume könnte ebenfalls sein, die bei Bedarf in die Gesamtfläche einbezogen werden können. Insgesamt stehen im Erdgeschoss rund 1000 Quadratmeter Fläche zur Verfügung.

Wohnungen über zwei Etagen

Obergeschosse: Im ersten Stock stellen sich die Planer Büros vor. Im zweiten und dritten Obergeschoss ist Wohnraum eine Option. Die Wohnungen könnten sich über zwei Etagen erstrecken. Vier Wohnungen mit je drei Zimmern sind in den Plänen vorgesehen –inklusive Terrasse in der oberen Etage. Denn auch das gehört zu den Plänen: Die Marienkirche soll auf der Südseite optisch verändert werden. Eben weil sich aus Sicht der Architekten Wohnungen ohne Terrasse oder Balkon nur schlecht vermarkten lassen.

Das Seitenschiff soll ausgebaut werden. Gespräche in Sachen Denkmalschutz hat es schon gegeben. Aus Sicht von Christian Kuckert passt dieses Vorhaben zur Geschichte der Kirche. „Es ist ein Gebäude, das nie fertig war.“ Denkbar ist zum Beispiel auch, Raum für die Pflege von Menschen zu schaffen. Die markante Ostfassade mit dem großen runden Fenster soll erhalten werden.

Und dann gibt es noch einen Clou: Die Kirche soll tiefergelegt werden. Der Plan von Kuckert sieht vor, dass die paar Treppen, sie man derzeit noch steigen muss, um ins Gotteshaus zu kommen, verschwinden. In der Kirche müsste deshalb das Niveau des Bodens auf das des Kirchenvorplatzes abgesenkt werden.

Ein bis zwei Jahre Bauzeit

Chronologie:

2006: Es gibt erste Überlegungen, die in die Jahre gekommene Marienkirche zu sanieren.

2009: Pfarrer Peter Lenfers wechselt nach Warendorf. Klar ist, dass die drei Kirchengemeinden fusionieren. Vom Bistum Münster gibt es in diesem Jahr eine grundsätzliche Finanzierungszusage für eine Sanierung der Marienkirche.

2017: Ein Beschluss zur Sanierung des Gotteshauses wird gefasst. Eine erste Schätzung sieht Kosten in Höhe von rund 1,7 Millionen Euro vor. Das habe beim Bistum ein paar Schluckbeschwerden ausgelöst, sagt Pfarrer Peter Lenfers am Freitag bei einem Pressegespräch.

2018: Das Bistum entscheidet, nicht mehr in die Marienkirche zu investieren. Damit ist klar: Es muss eine neue Nutzung für das Gotteshaus gefunden werden. Im Oktober wird die Kirchengemeinde über das Aus informiert.

2019: Eine Steuerungsgruppe kommt zusammen, um über die Zukunft der Kirche zu reden. Eine Machbarkeitsstudie soll erarbeitet werden.

2021: Die Pläne werden mit den Denkmalbehörden abgestimmt.

2022: Kirchengemeinde, Bistum und Co. beziehen auch die Stadtverwaltung in die Pläne für die Marienkirche ein.

2023: Die Machbarkeitsstudie wird der Gemeinde in einer Versammlung wie auch den Politikern im Stadtentwicklungsausschuss vorgestellt. (ack)

Soweit die Ideen von Kirchengemeinde, Bistum und Architekten. Und wie geht es jetzt weiter? Ein bis zwei Jahre Bauzeit, schätzt Christian Kuckert, seien nötig, um die Pläne umzusetzen. So weit sind alle Beteiligten aber noch lange nicht. Zunächst soll in Ruhe weiter über die Pläne diskutiert werden. „Das kann Jahre in Anspruch nehmen, kann aber auch ganz schnell gehen“, sagt der Architekt aus Münster.

Im Querschnitt wird sichtbar, wie sich die Planer den Einbau in die Kirche vorstellen. Der Einbau mit Wohnungen und Büros würde auf der Südseite – in Richtung Münsterstraße entstehen und soll im Innern eine vorgehängte Fassade erhalten, die hinterleuchtet werden könnte.

Vor allem muss erst einmal ein Investor gefunden werden. Denn Kirchengemeinde und Bistum wollen sich von dem Gebäude trennen. Das heißt: Die Marienkirche, die sanierungsbedürftig ist, wird den Besitzer wechseln. „Das wird so sein und das wird auch so sein müssen“, sagt Pfarrer Peter Lenfers.

Politik am Zug

Das ist gesetzt. Wie genau die Pläne nun umgesetzt werden, das wird Gegenstand von Diskussionen sein. Am Donnerstag, 16. März, ist zum Beispiel die Politik am Zug. Dann werden die Pläne im Stadtentwicklungsausschuss vorgestellt.

Die Planer wollen danach die Reaktionen auswerten und dann über den weiteren Zeitplan entscheiden. Das heißt: Wann und wie genau die Pläne umgesetzt werden, ist noch völlig offen.

Um das Vorhaben einem Investor schmackhaft – und auch finanzierbar – zu machen, bringt die Kirchengemeinde ein weiteres Grundstück ein. An der Ecke der Straßen Marienkirchplatz und Münsterwall könnte ein Investor ein Mehrfamilienhaus errichten. Es ist das Areal gegenüber dem Salon Günnewig, wo derzeit noch das alte Pastorat steht. Das ist an die Stadt vermietet, die dort eine aus Syrien geflüchtete Familie untergebracht hat.

Weiteres Grundstück gibt es dazu

Eine zweite Option wäre ein Neubau auf dem Vorplatz der Marienkirche gewesen. Nach Auskunft von Pfarrer Peter Lenfers hätte dort sogar Baurecht bestanden. Nur ist das Grundstück an der Ecke von Marienkirchplatz und Hoher Straße eine der wenigen grünen Lungen in der Stadt. Deshalb fiel die Wahl auf das alte Pastorat.

Seit dem Jahr 2019 arbeitet die Gruppe an einer Machbarkeitsstudie für eine Nachnutzung der Marienkirche. Die Pandemie hat das Vorhaben verzögert. Geprüft worden sind in dem Zusammenhang verschiedene Varianten. Unter anderem haben Bistum, Kirchengemeinde und Architekten auch überlegt, das Haus der Familie und das Pfarrheim in der Kirche zu konzentrieren und dann diese Gebäude aufzugeben. Dann hätte im Gotteshaus einen großen Neubau gegeben.

Diese Pläne sind aber verworfen worden. Ebenso übrigens wie Varianten, die Kirche im Innern komplett auszubauen. Als mögliche Nutzungsszenarien bei dieser Option wurden Wohnraum, Pflege und ein Hotel genannt.

Das große runde Fenster soll erhalten werden. Verschwinden sollen hingegen die Treppen am Eingang. Das Bodenniveau im Innern der Kirche soll gesenkt werden. Foto: Wedel

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