Sommerzeit: Die Uhren werden am Sonntag umgestellt


Es ist wieder soweit: Wir müssen an der Uhr drehen - so sie nicht automatisch die Sommerzeit annimmt.

Am 26. März werden die Uhren um 2 Uhr auf 3 Uhr vorgestellt und die Sommerzeit beginnt. Foto: dpa

Braunschweig/Berlin (dpa) - Man kann fast die Uhr danach stellen: Rund um die Umstellung der Uhren wird zweimal im Jahr über den Sinn von Winter- und Sommerzeit debattiert. Zu den beiden Stichtagen im Frühjahr und Herbst legen Befürworter und Gegner regelmäßig ihre Argumente dar. Einige ärgert die „geklaute Stunde“ Schlaf am Sonntagmorgen, andere freuen sich über einen willkommenen Frühlingsboten.

Uhren von 2 auf 3 Uhr vorstellen

Obwohl die Abschaffung nach einem Vorstoß der EU-Kommission nur noch eine Frage der Zeit schien, drehen wir fleißig weiter an der Uhr. Am kommenden Wochenende beginnt in Deutschland wieder die Sommerzeit. In der Nacht zum Sonntag (26. März) werden wie in den meisten Ländern Europas die Uhren von 2 Uhr auf 3 Uhr vorgestellt. In dem so bezeichneten Zeitgesetz der Bundesrepublik von 1978 sind Mitteleuropäische Zeit (MEZ) und die Mitteleuropäische Sommerzeit (MESZ) festgelegt. Für Darstellung und Verbreitung zuständig ist die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) in Braunschweig.

Ein große Mehrheit der Deutschen ist einer Umfrage zufolge für die Abschaffung der Zeitumstellung. 75 Prozent der Befragten sprachen sich in einem repräsentativen Meinungsbild des Forschungsinstituts Yougov für ein Ende des doppelten Uhrendrehens aus. Nur 18 Prozent wollen demnach fleißig weiter vor- und zurückstellen.

Weit verbreiteter Unmut

Eine repräsentative Forsa-Umfrage im Auftrag der DAK-Gesundheit ergab, dass ein Viertel der Deutschen schon einmal gesundheitliche Probleme nach der Zeitumstellung hatte. Bei fast der Hälfte von ihnen halten diese Probleme bis zu eine Woche an. Die häufigsten Beschwerden sind demnach Müdigkeit und Abgeschlagenheit, gefolgt von Schlafstörungen und Konzentrationsschwierigkeiten.

Trotz dieses weit verbreiteten Unmuts über die Umstellung ist ein Ende nicht in Sicht. Zwar stimmten die Abgeordneten des Europäischen Parlaments dafür, die Zeitumstellung nach dem Jahr 2021 aufzugeben, seitdem scheint das Vorhaben aber auf Eis zu liegen. „Zumindest ist für uns keine Entwicklung erkennbar“, sagte PTB-Sprecher Piester. So ist sicher, dass die Sommerzeit am 29. Oktober 2023 wieder endet.

Sommerzeit ist Energiesparzeit? Nicht wirklich

Die Sache mit dem Uhrendrehen hat eine lange Geschichte. Ein Hauptargument dafür war stets: Passt man die menschlichen Aktivitäten besser an das verfügbare Tageslicht an, kann man Energie sparen. Aber gelingt das tatsächlich?

Behauptung: Durch die Sommerzeit wird Energie gespart.

Bewertung: Nicht belegt.

Fakten: Bereits am Ende des 18. Jahrhunderts schlug der amerikanische Wissenschaftler und Staatsmann Benjamin Franklin vor, den Verbrauch von Kerzen durch früheres Aufstehen und Zubettgehen zu reduzieren. Er wollte zwar dafür die Uhrzeit nicht verstellen. Doch seine Absicht trifft den Kern der Argumentation, mit der für die Einführung der Sommerzeit plädiert wurde: Wir gleichen den Zeitraum der menschlichen Aktivitäten besser ans nutzbare Tageslicht an, um Energie und Kosten für Beleuchtung zu sparen.

Vor dem Hintergrund knapper Energie-Ressourcen während des Ersten Weltkriegs wurde 1916 im Deutschen Reich die Sommerzeit eingeführt. Ein Großteil Europas tat dies ebenfalls. Nach Kriegsende kehrten die meisten Länder zur Normalzeit zurück. Im und nach dem Zweiten Weltkrieg wiederholte sich dies. Ab 1950 gab es in Deutschland vorerst keine Sommerzeit mehr.

Gesparte Energie lässt sich nicht beziffern

Rund um die Ölpreiskrise 1973 kehrte die Diskussion um eine erneute Einführung zurück. Als im Oktober 1979 die DDR der Bundesrepublik mitteilte, ab 1980 die Sommerzeit einzuführen, schloss sich diese an. Seit 1996 stellen alle Mitglieder der EU die Uhren Ende März und Ende Oktober um.

Und was hat das gebracht, konkret aufs Energiesparen bezogen? „Wie viel Energie durch die Umstellung auf Sommerzeit tatsächlich eingespart wird, lässt sich nicht genau beziffern, denn: Die Umstellung führt an der einen Stelle zu einem geringeren und an der anderen zu einem höheren Verbrauch“, fasst das Umweltbundesamt (UBA) zusammen. So werde auf der einen Seite die Tageshelligkeit während der Sommerzeit besser genutzt und damit Strom in den Abendstunden eingespart. Auf der anderen Seite werde wegen des früheren Aufstehens in den kühleren Morgenstunden im Frühjahr und Herbst mehr Heizenergie verbraucht.

Kenntnisstand unvollständig oder widersprüchlich

Grundsätzlich gilt, dass der Anteil der künstlichen Beleuchtung am Stromverbrauch durch die bessere Effizienz moderner Leuchtmittel in den vergangenen Jahren deutlich gesunken ist. Die weitaus meiste Energie benötige ein Haushalt fürs Heizen, so das Umweltbundesamt. Rund 70 Prozent des gesamten Energieverbrauchs entfielen darauf.

2016 kam das Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag in einer Überblicksanalyse zu dem Ergebnis, ´“ass die Auswirkungen der Sommerzeit auf den Energieverbrauch sowohl positiv als auch negativ sein können, in Ausprägung und Höhe stark vom klimatischen, wirtschaftlichen und kulturellen Rahmen abhängen und mit ziemlicher Sicherheit in den meisten Fällen sehr gering sind“. Insgesamt sei der wissenschaftliche Kenntnisstand bezüglich des Aspekts Energieverbrauch begrenzt, unvollständig oder widersprüchlich.

In Europa die ewige Sommerzeit einführen?

Daran hat sich seitdem nichts Grundlegendes geändert. Zwar gab es in einzelnen Ländern weitere Auswertungen zum Energiesparen durch die Sommerzeit - etwa für die Slowakei (2018) oder die serbische Hauptstadt Belgrad (2018). Doch diese sind ebenfalls beschränkt aussagekräftig und gehen, wenn überhaupt, von einem sehr geringen Einsparpotenzial aus. Die Analyse für Belgrad kommt immerhin zu dem Ergebnis, dass sich durch die Sommerzeit die relative Anzahl der Stunden, in der etwa Büros klimatisiert werden müssen, um zwölf Prozent verringern lasse.

Und wie sähe es energietechnisch aus, wenn man in Europa die ewige Sommerzeit einführte - was manch einer gerne möchte? Eine Analyse des deutschen Wirtschaftswissenschaftlers Korbinian von Blanckenburg aus dem Jahr 2016 zu möglichen Stromeinsparungen privater Haushalte ergab, dass mit einer dauerhaften Sommerzeit am meisten eingespart werden könne. Allerdings steht dem gegenüber ein Papier von 2021 für die Türkei, die 2016 das Uhrendrehen abgeschafft hat und bei ihrer Sommerzeit geblieben ist. Die Wissenschaftler kamen zu dem Schluss, dass diese Sommerzeit-Strategie nicht zu messbaren Energieeinsparungen führe.

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