Bitte geben Sie Ihren Benutzernamen und Ihr Passwort ein, um sich anzumelden. Wenn Sie bereits Digitalabonnent sind, Sie sich aber noch nicht in unserem Portal registriert haben, holen Sie das bitte nach, um auch künftig das e-paper und/ oder unsere Plus-Inhalte lesen zu können.
31.03.2023 | 21:56 Uhr
Was haben BVB-Trainer Edin Terzic, ein Klinikdirektor, Vorstandsmitglieder und auch Rentner mit schmalem Geldbeutel gemeinsam? Den Friseur.
„Ein Friseurgeschäft in einem Discounter? Das funktioniert nie“, wurde Taner Dogan gewarnt, als er mit seiner Frau einen Salon in einer Dortmunder „Netto“-Filiale eröffnen wollte. Doch die lag strategisch günstig, unweit des BVB-Trainingsgeländes. Immer mehr Stars des Bundesliga-Teams zählten zur Kundschaft, seitdem brummt das Geschäft. Fotos: dpa
Dortmund (dpa) - Taner Dogan wäscht seiner Kundschaft in Dortmund an ungewöhnlicher Stelle den Kopf. Sein Salon liegt nicht an einer Shoppingmeile neben Boutiquen und Cafés, sondern im Discounter Netto. „Als wir den Laden eröffnet haben, sind wir belächelt, sogar beleidigt worden“, erzählt der 43-Jährige. Aber dann spazierte ein bekannter Borussia-Nachwuchsfußballer durch seine Tür. Und es wurden immer mehr Prominente des Bundesligisten. Das Trainingsgelände ist um die Ecke. Seitdem läuft es rund für den türkischstämmigen Friseur. Derzeit treibt ihn das Leid der Erdbebenopfer in Syrien und der Türkei um. Er trommelt aktiv für deren Unterstützung, hat eine Spendenaktion initiiert.
Steiniger Beginn
Öffnen sich die Glastüren zum Discounter, liegt links im Vorraum die Friseurstube „Mr. und Mrs. Barber“. Dogan führt den Laden seit 2019 mit seiner Frau Derya Dogan, war dort zwei Jahre zuvor angestellt. Es war steinig zu Beginn. „Früher war hier eine Bäckerei drin. Als wir beim Umbau waren, haben viele angeklopft, wollten wissen, was wir planen und haben uns ausgelacht: Ein Friseurladen, das würde ja nie funktionieren“, erinnert sich Dogan. Ihm schlug gewaltige Skepsis entgegen. Und: „Die Leute wollten von ihren Nachbarn nicht gesehen werden, das war ihnen unangenehm – man geht doch nicht zum Friseur im Discounter.“
Kunde Maik Müller, Polizeibeamter in der Ruhrgebietsstadt, meint zum anfangs schweren Stand: „Da wurde einfach ein Image übertragen: Billiger Supermarkt, billiger Friseurladen.“ Bei dem inzwischen zum Kultfriseur avancierten 43-Jährigen hängen heute an den Wänden hinter Glas mehrere handsignierte Trikots – etwa von BVB-Mittelfeldstar Gio Reyna, dem Dogan die Haare schneidet. Und von Torjäger Erling Haaland, Sebastian Rode oder Christian Pulisic, die heute aber für andere Topteams spielen.
Jacob Bruun Larsen als erster Top-Fußballer Kunde
Viele BVB-Stars haben sich bei Taner Dogan mit einem handsignierten Trikot bedankt. Diese schmücken nun sein Geschäft. Dennoch: Seine Kunden behandelt der Familienvater alle gleich.Auch bei ihnen hat Taner Dogan Hand angelegt. Der allererste Top-Fußballer, der auf seinem Stuhl Platz nahe war der Däne Jacob Bruun Larsen, mit damals 16 Jahren noch in der A-Jugend des BVB. „Dann hat er mal Pulisic mitgebracht, dann Emre Mor – und so ging es immer weiter.“
Die Ladenfronten sind aus Glas, alles ist gut einsehbar. Als immer mehr Prominente zur Kundschaft von Taner und Derya Dogan zählten, drückten sich plötzlich die Leute auch schon mal die Nase an den Fenstern platt. „Da kam der gesamte Trainerstab im Anzug – Torwarttrainer, Co-Trainer, Fitnesstrainer, der BVB-Chefarzt“, berichtet Maik Müller als befreundeter Stammkunde. Auch Kommunalpolitiker, Landtagsabgeordnete, Verbandschefs, Manager und Direktoren lassen sich von Dogan nun den Schopf in Form bringen oder auch mal Haare aus Ohren und Nase entfernen.
Kein Promi-Bonus
Der Familienvater ist aber total auf dem Teppich geblieben. Alle Kunden werden bei ihm praktisch über einen Kamm geschoren. „Ich behandele natürlich alle gleich.“ Kein Tamtam. Kein Promi-Bonus. Dieselben Preise. Dogan stammt aus einer sogenannten Gastarbeiterfamilie, ist in Dortmund geboren und schrammte als Top-Amateurspieler selbst knapp an einer Profikarriere vorbei, wie der 47-Jährige erzählt.
Er hat viele Angehörige in der Türkei, die nicht weit von den Katastrophengebieten entfernt leben. Fast alle seiner türkeistämmigen Freunde im Ruhrpott haben Verwandte unter den Trümmern verloren. Rund 50 000 Todesopfer wurden bisher nach den Beben vom 6. Februar in der Türkei und in Syrien gemeldet. Für sie hat das Ehepaar Dogan eine Spendenaktion ins Leben gerufen. Mit weiteren Aktionen habe er einen Wohncontainer für zwei türkische Familien im Erdbebengebiet finanzieren können, berichtet Dogan. Er plant noch andere Initiativen. Ganz besonders liegen ihm die Kinder in der Katastrophenregion am Herzen. „Ich habe selbst drei kleine Kinder. Das Allerwichtigste ist die Hilfe für die Kinder.“
Texte und Fotos von die-glocke.de sind urheberrechtlich geschützt. Weiterverwendung nur mit Genehmigung der Chefredaktion.